Stefan sucht den Weg

Den Kurs überprüfen

Wir waren wieder mit den Fahrrädern unterwegs. Die Route war gut vorbereitet, die Unterkünfte reserviert...

...auf unseren Velocomputern hatten wir die Etappen abgespeichert, zur Sicherheit, die Taschen waren gepackt. Wir fuhren mit dem ÖV auf den Oberalppass, von da an waren es unsere Beine, die uns den Rhein entlang vorwärtsbrachten.

Wir hatten schon eine gute Woche hinter uns, waren gegen Abend auf dem Weg nach Mannheim, hatten bereits gut 80 km an dem Tag geschafft, es regnete, die Beine taten weh und zu allem Übel stimmte die Radroute im Führer nicht mit den Beschilderungen überein, bzw. die Beschilderungen waren plötzlich weg. Der Stresspegel stieg, die Stimmung sank.

Irgendwann hatten wir es doch geschafft, sassen in Mannheim im Hotel, bereiteten uns auf den nächsten Tag vor, wieder 90 km, der Wetterbericht grottenschlecht. Und irgendwann stellten wir uns die entscheidende Frage: Müssen wir oder wollen wir? Wir nahmen uns bei einem Glas Wein die Zeit, über unsere Reise nachzudenken, über das, was wir uns da vorgenommen hatten, über unseren Ehrgeiz und unsere Dickköpfe («Das stiere mir düre!»).

Es wurde spät an dem Abend, aber das Gespräch hat uns weitergebracht. Wir nahmen eine Kurskorrektur vor. Von da an fuhren wir nur noch die Abschnitte, die wir wirklich wollten, auf die wir Lust hatten, die landschaftlich reichhaltig und schön waren, alles andere liessen wir sein und nahmen die Bahn. Wir gewannen plötzlich Zeit und Musse, besichtigten wunderschöne Kirchen und Aussichtspunkte, für die wir, hätten wir alles wie geplant durchgezogen, keine Zeit gehabt hätten.

Vielleicht ist die Frage, ob wir auf dem richtigen Weg sind, die entscheidende Frage im Leben. Stimmt das noch, was wir mal geplant und angefangen haben? Oder haben wir uns in eine Sackgasse manövriert? Ist das, was wir tun wirklich gut, gut für mich und gut für andere? Oder brauchen wir eine Kurskorrektur? Müssen wir unsere Richtung neu bestimmen?

Diese Frage bewegt mich im Hinblick auf den Bettag, den eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag. Denn was ist Busse anderes als sich selbst und Gott Rechenschaft über das eigene Leben abzulegen? Ich stelle mich vor Gott, schaue mich und mein Leben für einen Moment aus der Distanz an und bin bereit anzuerkennen, dass Kurskorrekturen nötig sind. Dies vor einem gnädigen Gott zu tun, kann helfen, Sackgassen und Irrwege einzugestehen und im Hören auf Gott offen zu sein für neue Wege.

Irgendwann sind wir dann doch auf dem Rheinufer Richtung Köln gefahren, haben von Weitem die Kranhäuser und den Kölner Dom ausmachen können und mit jeder Minute wurden sie grösser und grösser, bis wir vom dem atemberaubenden Dom standen. Und wir hatten noch genug Zeit und vor allem genug Kraft, diesen zu besichtigen und in Ruhe auf uns wirken zu lassen.

Dass wir unseren Kurs überprüft haben, hat sich gelohnt.

Sabine Wälchli, Pfarrerin

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